Ausbau der E-Mobilität erfordert eine individuelle Ladeinfrastruktur

Was für Perspektiven: Wird aktuell über die Automobilbranche gesprochen, dann stehen zumeist Themen wie Klimawandel, Fahrverbote, Dieselskandal oder hohe Spritkosten im Vordergrund. Große Hoffnungen ruhen in dieser Situation auf der Elektromobilität. Um der Technologie zum weiteren Durchbruch zu verhelfen muss allerdings die notwendige Infrastruktur weiter ausgebaut werden. Ein wichtiger Baustein dazu sind flexibel erweiterbare Anschlüsse für  Ladestationen in Parkhäusern und Tiefgaragen sowie in Wohn- und Bürogebäuden.

Boris Vorberg
Über den Autor

Dipl.-Ing. Boris Vorberg hat Elektrotechnik an der Fachhochschule Dortmund studiert und sich dabei auf die Fachrichtung elektrische Gebäudesystemtechnik spezialisiert. Anschließend war der Diplomingenieur zunächst als Elektroplaner und Projektleiter bei einem Ingenieurbüro in Bochum und später als TA-Projektleiter bei einem Automobilzulieferer in Lüdenscheid tätig. Seit Dezember 2016 arbeitet Boris Vorberg als Projektleiter für die Bereiche Elektro/Technische Ausrüstung bei der assmann GmbH.

Im Sommer 2010 hatte Angela Merkel das Ziel formuliert, bis zum Jahr 2020 eine Million E-Autos auf Deutschlands Straßen zu bringen. Das Ziel wurde deutlich verfehlt. Aber immerhin sind mittlerweile rund 80.000 Elektro-PKW bei uns unterwegs. Hinzu kommen E-Busse und E-Lkw, Hybrid- und andere Elektrofahrzeuge sowie eine stark wachsende Anzahl an E-Bikes, E-Rollern und E-Tretrollern. Und das ist erst der Anfang. Denn ausgehend von der stark wachsenden Nachfrage steigen immer mehr Hersteller um und bieten hochwertige E-Modelle an. Flankiert und gefördert wird dieser Trend durch hohe Zuschüsse durch den Staat, der für die Dauer von zehn Jahren auf KFZ-Steuern verzichtet und außerdem einen Umweltbonus  anbietet, der jeweils zur Hälfte von der Autoindustrie bezahlt wird.

Im Vergleich zu herkömmlichen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor überzeugen die E-Autos durch einen deutlich niedrigeren Verbrauch ab 16 kWh pro 100 km (Verbrennungsmotoren ab 50 kWh) sowie durch einen deutlich höheren Wirkungsgrad von bis zu 80 Prozent im Vergleich zu 22 Prozent bei einem Verbrennungsmotor. Und nutzt der Fahrer Ökostrom, dann ist die Fahrt gänzlich emissionsfrei. Es bleibt also lediglich der CO2-Rucksack aus der Produktion bestehen, der beim Fahren dann nach und nach abgebaut wird. Und auch der oft erhobene Einwand der umweltschädlichen Batterien ist mittlerweile nur noch zum Teil berechtigt: Denn moderne Batterien sind bis zu 95 Prozent recyclebar, außerdem kommen kaum noch Edelmetalle wie Kobalt oder Lithium zum Einsatz.

Trotz dieser positiven Entwicklungen bestehen nach wie vor große Hindernisse für den weiteren Ausbau der E-Mobilität. Das betrifft neben der bislang überschaubaren Reichweite vor allem die schlechte Infrastruktur mit bislang erst 21.000 fest angeschlossenen Ladepunkten im öffentlichen, gewerblichen und industriellen Bereich. Anders als im privaten Bereich, wo eine Ladezeit von 6 bis 12 Stunden üblich und aufgrund der langen Aufenthaltsdauer zu verkraften ist, kommen dabei in aller Regel Schnellladungen zum Einsatz.

Unabhängig vom jeweiligen Standort ist es wichtig, dass die vorhandenen Anschlüsse ausreichend dimensioniert sind. Denn auch bei einem langsamen Ladeprozess fließen fortwährend hohe Ladeströme im oberen Bereich des Bemessungsstroms. Um für zukünftige höhere Ladeleistungen gerüstet zu sein und kostspielige Nachrüstungen zu vermeiden, sollten private und öffentliche Auftraggeber deshalb schon während der Planungsphase auf die Umsetzung einer ausreichenden Infrastruktur mit ausreichend großen Kabelquerschnitten achten. Wir setzen in unseren Planungen moderne Wallboxen mit einer Leistung von mindestens 11 kW ein, um eine komfortable, zuverlässige und sichere Aufladung sicherzustellen.

Ebenso wichtig ist die Erarbeitung eines intelligenten Lademanagements, um so in Kooperation mit den Netzbetreibern eine möglichst gleichmäßige Ladung von mehreren Nutzern sicherzustellen und effektiv mit möglichst geringen Stromschwankungen zu koordinieren. Um eine optimierte Effektivität zu erreichen, binden wir diese Überlegungen in individuell geplante Gesamtkonzepte ein, die zusätzlich auch Photovoltaikanlagen  mit Batteriespeicher umfassen könnten, um eine ganzheitliche und nachhaltige zukunftssichere Gebäudetechnik zu gewährleisten. Interdisziplinär wäre eine Integration mit  Kraftwärmekopplungen oder Wärmepumpen  für künftige Projekte realisierbar.

Aktuell sind wir bei mehreren Neubauprojekten mit der Konzeption einer passenden Ladeinfrastruktur beauftragt. Bei der Planung des Lippewohnparks in Lünen haben wir dazu von Anfang an mit den Stadtwerken Lünen zusammengearbeitet, um ein langfristig tragfähiges Konzept für die Ladestationen in den Tiefgaragen zu erarbeiten und ein individuell an die Nutzung angepasstes Lademanagement zu ermöglichen. Mit dem weiteren Ausbau der Elektromobilität werden solche Planungsleistungen immer wichtiger werden. Bei assmann betrachten wir diese Entwicklung als eine große Chance, um gemeinsam mit unseren Kunden individuelle Lösungen für eine hochwertige und flexible Ladeinfrastruktur zu entwickeln.

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